Einen Deutungsrahmen herstellen, Dinge in einen Rahmen stellen, Inhalte darstellen. Der Unterschied zwischen FakeNews und Framing wird deutlich. In diesem Buch gibt es neben der Einführung gute Beispiele, wie geframed wird. Drei Beispiele zeigt der Blog auf. Einen großen Anschnitt widmet der Autor dem strategischen Framing und seinen Techniken. Ebenso kommt das Frame-Building und das Frame-Setting zu Wort. Spannend gemacht und ein Gewinn für die Öffentlichkeitsarbeit. 

Drei Beispiel aus dem Buch:

… Da zumindest der Denkrahmen durch Frames vorgegeben werden kann, bedeutet dies, dass man eine Sache auch so setzen kann, sodass sie nicht von vornherein abgelehnt wird. Greifen wir noch einmal das Thema Steuern auf. Dies ist ein Bereich, dem die Perspektive, aus der der Frame gebildet wird besonders wichtig ist. Kaum eine Bürgerin oder ein Bürger begrüßt Steuererhöhungen per se; setzt man die Notwendigkeit jedoch in einen Rahmen, der die positive Wir­kung der Steuer an einem konkreten Beispiel illustriert, kann die Rezeption eines Frames durchaus positiv ausfallen. Bei der Verdeutlichung einer Notwendigkeit, wie der Hervorhebung eines Mangels der städtischen Versorgung mit Kinder­ gärten, ist das konkrete Bild der Kinder im Interpretationsmechanismus für die Steuererhöhung enthalten. So ließe sich mit einem  relativ simplen Framing – das natürlich auch der Wahrheit entsprechen sollte – eine Meinungsänderung erreichen, was jedoch nicht heißt, dass nun die grundsätzliche Einstellung gegen­ über Steuern verändert wäre.

… Vor kurzem erhaschte ein ,Framing Manual‘ eine Menge medialer und gesellschaftlicher Aufmerksamkeit. Nicht dass strategische Framing-Ratgeber etwas Ungewöhnliches wären, selbst Parteien engagieren ,Framing-Coaches’. Das ,Framing Manual‘ wurde allerdings von einer Institution des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Auftrag gegeben – der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland, kurz ARD Ihre Korrespondenten sollten damit im Strategischen Framing geschult werden.

Das Dokument stammt von Elisabeth Wehling, die dieses als Berkeley International Framing Institut vermarktet hat. Anhand von Wehlings Expertise sollte den Mitarbeitern das ,richtige‘, dem Sender und seinen Interessen zuträgliche Framing nahegelegt werden, um beispielsweise der privaten Konkurrenz das

Wasser abzugraben. Unabhängig von dem Fakt, dass dies Wasser auf die Mühlen sämtlicher Kritiker des ,Establishments‘ und der Mainstream-Medien ist, stellt der allgemeine Tadel an dem Papier im Grunde auf die Frage ab, ob nicht ein öffentlich-rechtlicher Sender ,neutral‘ berichten sollte.

Zu Beginn dieses Buches wurde die Behauptung aufgestellt, dass in der Politischen Kommunikation Neutralität kaum möglich sei. Unter eine breite Definition der Politischen Kommunikation, wie jene von Brian McNair (2011), füllt auch der Journalismus, da es sich hierbei um Kommunikation über Politik oder über politische Akteure handelt. Absolute Neutralität ist auch hier lediglich eine Devise; nach der alle Journalisten verfahren sollten. Diese einzuhalten gelingt ihnen nicht immer. Im Gegenteil, häufig werden in den Medien unreflektiert und ohne Intentionen Frames gesetzt, weil sich Journalisten gar nicht über die jeweilige Kontextsetzung bewusst sind. Trotzdem beeinflusst auch das unbewusste Framing die Art, wie wir über die präsentierten Themen denken.

Daher sollten sich Journalisten schon grundsätzlich sehr bewusst um die Macht ihrer Kontextsetzungen sein. Wie das ,Framing Manual‘ jedoch bereits vermuten lässt, framen auch sie strategisch. Dies ist bis zu einem gewissen Grad durchaus legitim. Wenn Journalisten beispielsweise darin geschult werden, keine Framings zu verwenden, die gesellschaftlichen Konflikte anheizen, kann dies einem öffentlich-rechtlichen Rundfunk nur zuträglich sein. Dient das Framing jedoch dazu, Wahrheiten zu verschleiern oder ideologische Interessen zu fördern, dann wird es problematisch. Es gibt nämlich auch Reporter, die ganz bewusst verzerrt framen, um eine gewisse Stimmung zu verbreiten’

… Der Veggie-Day-Frame
Ein Beispiel für einen wirkungsvollen Medien-Frame ist die Diskussion um den Veggie-Day. Dieser Frame tauchte im Vorfeld der Bundestagswahl 2013 auf und trug unter anderem zum schlechten Abschneiden von Bündnis 90/Die Grünen bei jener Wahl bei. Die Partei hatte in ihrem Wahlprogramm im Abschnitt »Massentierhaltung – nein danke« eine Aussage mit dem folgenden Inhalt abgedruckt: »Öffentliche Kantinen sollen Vorreiterfunktionen übernehmen. Angebote von vegetarischen und veganen Gerichten und ein ,Veggie-Day’ sollen zum Standard werden« (Bundestagswahlprogramm 2013, S. 164). In Bezug auf diese Aussage veröffentlichte die BILD am 05. August 2013 einen Artikel mit der Schlagzeile: »Grüne wollen uns das Fleisch verbieten« (BILD, 05. August 2013). Am nächsten Tag (06. August 2013) griff die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) das Thema unter dem Titel »Grüne fordern fleischlosen Tag« (FAZ, 06. August 2013) auf. Die FAZ sendete also den Frame und die BILD baute das Thema gleichzeitig weiter aus: »Widerstand gegen Fleisch-Verbot in Kantinen«. (BILD, 06. August 2013). Die ZEIT folgte mit einem Bericht am 08. August 2013 und bis zum 12. August 2013 hatten auch die Wochenblätter DER SPIEGEL und FOCUS das Thema diskutiert. Man erkennt an diesem Beispiel bereits, warum die erste Funktion eines Frames auch als Agenda-Setting verstanden werden kann: Zunächst wird ein Thema kommuniziert und damit auf seine Relevanz hingewiesen. Mitunter wird auf diese Weise ein Problem überhaupt erst zu einem solchen gemacht.
Der Veggie-Day ist als Frame zu deklarieren, da die Aussage im 327 Seiten umfassenden Wahlprogramm der Grünen wenig prominent ist: Der Satz umfasst 2,5 Zeilen mit 18 Wörtem. Der Halbsatz, in dem der Veggie-Day erwähnt wird, ist sieben Wörter lang, er wurde jedoch von der BILD zu einem Haupttenor über die Absichten der Grünen erhoben. Es ist also nur ein kleiner Ausschnitt der Realität, da der Gedanke im Wahlprogramm kein zentraler Punkt war. Weiterhin setzten die Redakteure das Thema in den Kontext des Verbots, obwohl in der Aussage im Wahlprogramm keine Ambition erkennbar ist, einen Tag des Fleischverzichts in Kantinen gesetzlich durchzusetzen. Dies wurde jedoch in der Berichterstattung suggeriert.
Gerade die Wahl des Verbots-Kontexts ist ein wirkungsmächtiges Mittel und deutet gar den Vorsatz eines strategischen Framings an: Schließlich war die Vorstellung der Grünen als Verbotspartei bei vielen Menschen in Deutschland bereits als Kontextmodell präsent. Einen solchen vorhandenen Eindruck als Anknüpfungspunkt zu verwenden, ist ein weiterer Resonanzfaktor für Frames, weil diese Voreinstellungen eben in der Interpretation leitend sind. Zudem ist ein Verbots-Framing generell effektiv, indem es den Verlust der Selbstbestimmung in Belangen der eigenen Lebensführung transportiert. Damit tangiert es die persönIiche Freiheit der Bürgerinnen und Bürger. Dies ist ein meist hochgeschätzter Wert. Der Veggie-Day ist darüber hinaus ein Verlust-Frame. Die starke Wirkung der Verlust-Aversion wurde bereits … erklärt: Sie besteht, selbst wenn es sich nur um die Furcht vor dem Verlust des Fleischverzehrs an einem Tag, oder sogar nur um eine einzige Mahlzeit in der Woche handelt. Die Darstellung, dass die freie Wahl der Ernährungsweise scheinbar durch ein Verbot eingeschränkt werden sollte, gereichte der Partei zum Schaden und war für die Medien ein wirksamer Skandal.