Autor: Axel Janzen (Seite 2 von 3)

»America first«

oder das organisationspsychologische Desaster…

Unabhängig von der politischen Einschätzung, fällt die organisationspsychologische Bewertung der Ära Donald Trump verheerend aus. Ob es nun Kalkül oder Unfähigkeit war, spielt, vor der dissozialen und psychopathischen Persönlichkeitsstörung des scheidenden amerikanischen Präsidenten, nur eine nachgeordnete Rolle – vermutlich war es beides.

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Über den Sinn der eigenen Arbeit

Wie sich Berufstätige für Tätigkeiten motivieren können und Erfüllung im Job finden – und warum Betriebsräte eine Wertedebatte anstoßen sollten

Tatjana Schnell leitet als Professorin an der Universität Innsbruck die Arbeitsgruppe Empirische Sinnforschung. Sie findet es wichtig, zwischen einem als sinnvoll erlebten Job und dem Beruf als Sinnquelle für das Leben zu unterscheiden. »Ein sinnvoller Job ist nicht unbedingt einer, der meinem Leben Sinn gibt«, erklärt sie.

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Auf Augenhöhe…

Fachkräftemangel – worauf Firmen (und Betriebsräte) bei der Suche nach neuen Mitarbeiter*innen achten müssen/sollten

Wenn Yvonne Höft wissen möchte, wie sehr sich ihr Beruf gewandelt hat, muss sie nur auf alte Stellenanzeigen schauen: das ist der Job und das müssen Bewerber*innen mitbringen – so hatte es früher ausgesehen, wenn Unternehmen neue Mitarbeiter*innen suchten.

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„Wir lernen diese Krankheit jeden Tag neu kennen“

Corona –von einer abstrakten medialen Gefahr zur konkreten Erfahrung mit dem Virus

An einem Donnerstag Mitte April spürte ich auf der Arbeit einen grippalen Infekt heranziehen und beschloss am Nachmittag, mich krankheitsbedingt nach Hause zu begeben. Von den Kolleg*innen verabschiedete ich mich mit ein paar Witzen zu einer möglichen Corona-Erkrankung und ging in der Gewissheit, am darauffolgenden Tag, oder spätestens nach dem Wochenende wieder zur Arbeit zu erscheinen. Den grippalen Infekt schob ich auf zwei Arbeitswege mit dem Fahrrad, bei denen es gegen Abend empfindlich kalt geworden war.

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Mexikanischer Freizeitkapitän

Ein Freizeitkapitän wird zum »perfekten Skipper« und eine zusammengewürfelte Crew wird zum »besten Team« – Organisationspsychologie aus dem Lehrbuch bzw. wie es das Leben schreibt.

Mit einem Koch für die Crew, täglich 6 Flaschen Wein und Kaviar satt gewinnt ein mexikanischer Hobbysegler 1973 die härteste Regatta der Welt – gegen die erfahrensten Segelnationen mit den härtesten Auswahlverfahren und professionellsten Vorbereitungen.

Die Ankunft des Mexikaners in der südenglischen Hafenstadt Portsmouth sorgte für Verblüffung. In seinen Augen, die hinter einer schweren, schwarzen Hornbrille hervorblitzten, lag Entschlossenheit. Ramón Carlin, 49, wollte sich zum Whitbread Round the World Race anmelden, dem heutigen Ocean Race. Was er mitbrachte: kein Boot, keine Crew, kaum Erfahrung. 

Erst seit wenigen Jahren war Segeln sein Hobby, aber Carlin war stur. »Ich sagte ihnen nur, wenn es losginge, dann würde ich da sein«, erinnerte er sich. Einige Wochen später war es so weit. Der Plan, bei der härtesten Regatta um die Welt mitzusegeln, entstammte einer Bierlaune.

Für die führenden Segelnationen ging es ums Prestige. Die britische Marine hatte sechs Jachten gekauft, 800 Segler getestet, die vier besten Zehn-Mann-Crews für jeden Abschnitt des Rennens ausgesucht. Frankreich entsandte Seglerlegende Éric Tabarly. Über Ramón Carlin lächelten alle nur. In seiner Crew waren neben Sohn Enrique auch noch zwei Neffen und seine Frau Paquita, die nicht schwimmen konnte.

Täglich sechs Flaschen Wein plus Kaviar satt 

Hinzu kamen allerdings einige sehr erfahrene Profisegler aus den Niederlanden, den USA, Australien und Großbritannien. Gespür bewies Carlin ebenso beim Bootskauf – die »Sayula II«, eine 20-Meter-Jacht mit fünf Segeln. Das Beste, was es zu dieser Zeit gab.

Das nötige Kapital brachte Carlin mit. Als Jugendlicher hatte er früh die Schule verlassen und war nach Mexiko-City gezogen. Zunächst arbeitete er in einer Seifenfabrik, zog dann als Vertreter für Besteck, Kochtöpfe und Pfannen von Tür zu Tür. Der Verkauf von Waschmaschinen und anderen Haushaltsgeräten ab 1960 machte ihn zum Millionär.

Britische Journalisten spotteten über die Mexikaner. Ein Zeitungscartoon gab sie der Lächerlichkeit preis: Die Männer trugen Sombreros, hielten Siesta an Bord, eine Flasche Tequila in der Hand, eine Gummi-Schwimmente als Rettungsring um die Hüfte. Niemand nahm Carlin und seine Crew ernst.

Am Morgen des 8. September 1973 wurde die »Sayula II« von zwei irischen Priestern gesegnet und mit Weihwasser besprüht. Nach dem Startschuss begleiteten über 3000 Boote mit begeisterten Zuschauern die 17 Jachten hinaus aufs Meer. Vor den Crews lagen 27.000 Seemeilen (50.000 Kilometer). Die erste Etappe führte von Portsmouth nach Kapstadt.

Die Gattin drohte mit Scheidung

Damit es seiner Crew an nichts mangelte, hatte Carlin einen Koch mit an Bord genommen. Vor dem Abendessen wurde der Aperitif auf einem Silbertablett serviert – sofern es der Seegang erlaubte. Zu den Mahlzeiten gab es sechs Flaschen Wein am Tag; der britische »Telegraph« berichtete auch über reichlich Kaviar im Proviant.

In den 40 Tagen bis Kapstadt brach der Mast des Franzosen Tabarly, während die »Sayula II« für erstes Aufhorchen sorgte – mit perfekter Kurswahl bei der ersten Etappe lag sie schon auf Platz zwei hinter der britischen »Adventure«.

Doch die Tage auf See hatten Spuren hinterlassen. Stürme und bis zu 15 Meter hohe Wellen – vor allem Ramón Carlins Gattin Paquita zählte die Stunden an Bord. Schon überlegte Carlin, ihr zuliebe aufzugeben. Doch Paquitas Antwort war unmissverständlich: »Das kannst du machen. Aber wenn du die Regatta abbrichst, lasse ich mich von dir scheiden!«, erzählte sie später.

Nun ging es um den Stolz Mexikos und um Carlins Ehe. An Bord erwarb sich der Kapitän großen Respekt. »War jemand seekrank, übernahm Carlin seine Nachtwache. Er trocknete auch das Ölzeug, wenn wir das vergessen hatten. Andere hätten gebrüllt, aber so war er nicht«, erinnerte sich Crewmitglied Butch Dalrymple-Smith in der »New York Times« an den »perfekten Skipper«.

Kapitän über Bord 

Die zweite Etappe von Kapstadt nach Sydney wurde noch schwieriger. Carlin und seine Crew lernten die »Roaring Forties« kennen, die gefürchteten Stürme des Südpolarmeers rund um die Vierziger-Breitengrade. Dann passierte es: »Mann über Bord!«, Kapitän Carlin war von Deck gerissen worden. Doch er hing an einem Segel, die nächste Welle hob ihn wieder an, die Männer konnten ihn zurück an Bord ziehen.

Die »Sayula II« wurde hart geprüft, als sie in einer Riesenwelle kenterte und mit Wasser volllief. Hastig verteilte Crewmitglied Keith Lorence Eimer zum Schöpfen und erinnerte sich in der Doku mit einem Grinsen: »Es gibt keine bessere Pumpe als ein paar Männer, die die Hosen voll und einen Eimer in der Hand haben.«

Nach dem Kentern versagte das Funkgerät – kein Kontakt mehr nach außen. Die Regatta-Organisatoren nahmen an, dass die Jacht untergegangen war. Carlins Crew hatte keine Ahnung, auf welchem Platz sie lag. Kurz vor dem zweiten Etappenziel Sydney kam starker Wind auf, die »Sayula II« raste auf Platz eins.

Einige Wochen darauf stand mit Kurs auf Rio de Janeiro eine schwierige Entscheidung an: Sollten sie die schnelle Route Richtung Kap Hoorn wählen, mit dem Risiko, Eisberge zu rammen? Oder doch den längeren, aber sicheren Weg weiter nördlich? Die »Adventure«-Konkurrenz wagte sich in den Süden, noch vor der Hoorn-Passage gingen zwei Mann über Bord. Der Franzose Tabarly erlitt mit seinem Schiff den zweiten Mastbruch und gab entnervt endgültig auf.

Karneval in Rio und der Endspurt 

Carlin indes gewann weiter Zeit und lief erleichtert Rio an. Dort genossen seine jungen Segler die Freuden des Karnevals. Mit Begleiterinnen badeten sie nackt am Strand von Ipanema, wurden verhaftet, konnten aber aus dem Gefängnis entkommen, nachdem sie einen Wärter bestochen hatten.

Von Rio ging es weiter nach Portsmouth. Der Mast drohte zu brechen, die Crew kämpfte unaufhörlich: »Es gab drei Tage, da haben wir 150 Mal die Segel gewechselt. Alle 30 Minuten!«, erinnerte sich Butch Dalrymple-Smith.

Wieder funktionierte das Funkgerät nicht. Am 17. April war die Mannschaft knapp vor dem endgültigen Ziel und wusste nichts über ihre Platzierung, als zwischen der Isle of Wight und Portsmouth plötzlich Helikopter über der »Sayula II« auftauchten. Von einem Begleitboot wurde eine Kiste Champagner herübergereicht. Am Spätnachmittag lief die Crew aus Mexiko nach 133 Tagen und 13 Stunden ein. Carlin hatte das erste Mannschaftsrennen um die Welt gewonnen, Tausende jubelten ihm zu.

Die Sombrero-Segler hatten es allen Spöttern gezeigt und fuhren auf der Themse nach London, zu ihren Ehren öffnete sich die Tower Bridge. Prinz Philip überreichte die Trophäe an Carlin. In Mexiko wurde er zum Sportler des Jahres ernannt, danach wurde es bald wieder still um den Hobbysegler.

Im Mai 2016 starb Ramón Carlin im Alter von 92 Jahren. »Der Unterschied waren mein Boot und diese Crew. Wir hatten keine Zeit zum Üben«, zitierte ihn die »New York Times« im Nachruf. (aus: Spiegel online, 19.02.2020)

Diese Geschichte ist ein Beispiel dafür, dass die weichen Themen bei der Entwicklung von Teams den Unterschied machen. Eine Führungsfigur, die sich vorrangig um das Klima in seinem Team Gedanken macht und sich selbstlos kümmert – und eine entspannte und engagierte Stimmung verbreitet. Und ein Team, das vor diesem Hintergrund über sich hinauswächst und ein ausgezeichnetes Verhältnis zwischen Entspannung und Teambuilding und professionellstem Verständnis für ihren Job und ihre Ziele entwickelt.

Eine Geschichte wie aus dem Lehrbuch der Organisationspsychologie. Wäre sie nicht genau so passiert, wäre sie als »zu kitschig« keiner Erwähnung wert…  

Foto Crew: capital pictures/ddp images
Foto Die »Sayula II«: Jonathan Eastland
Text: Axel Janzen

Welten treffen aufeinander

Oper trifft prekären Stadtteil – Weltklasseorchester trifft Gesamtschulchor 

Ein spektakuläres Beispiel für Integration, Wertevermittlung und Stadtteilarbeit im Bremer Osten, bei dem ein international gefeiertes Philharmonieorchester nicht nur mit perfekter Klassik begeistert, sondern eine Schule und den ganzen Stadtteil verändert. 

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Was kommt nach Industrie 4.0?

Zukunftsforscher Matthias Horx und der Begriff »humanistische Digitalisierung«

Der Hype um autonomes Fahren und Künstliche Intelligenz (KI) schaffe gefährliche Illusionen, glaubt Horx. »Digitale Ehrlichkeit« gestehe ein, dass Computer keine realen Probleme lösten. 

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Greta Thunberg, oder: was kommt nach Industrie 4.0?

Der renommierte Zukunftsforscher Matthias Horx erkennt gegenwärtig eine Ära von Gegen- und Rebellionstrends. Gruppen von Menschen würden sich den großen Megatrends inzwischen widersetzen. Es ginge ihnen dabei hauptsächlich um gute Werte, die sie durchsetzen wollen. Gegen das »allmächtige Lärmen des Medialen« entwickle sich eine Sehnsucht nach der Stille. Gegen den gravierenden Individualismus setzte sich die Kooperation durch, gegen die Fake-Welt trete eine Bewegung der radikalen Ehrlichkeit an – gegen eine depressive Grundstimmung entstehe ein neuer Mut zum Mut – so Horx in einem Interview mit dem Weser-Kurier.

Der digitale Fortschritt werde zunehmend weniger als Verheißung empfunden, sondern als Überforderung, als Entmenschlichung – als Terror des Klicks. Die Menschen hätten das Gefühl, sie werden von außen verrückt gemacht und könnten sich gar nicht mehr selbst spüren, wie sie wirklich seien. 

Gerade junge Menschen seien skeptisch. Laut Umfragen finden es mehr als 60 Prozent bedenklich, dass sich die ganze Welt in Nullen und Einsen auflösen lassen solle. Die Zuwachsraten bei den sozialen Medien in Industrienationen nehmen ab.

Dabei gehe es nicht um Ent-digitalisierung, sondern um Post-digitalisierung. Es ging um die Frage, wie der Computer gesellschaftlich und individuell gezähmt werden könne. Menschen seien analoge Wesen – und zu viel Virtualität mache krank. Es werde ein neuer Kompass benötigt, der eine neue, aber nicht technikfeindliche digitale Aufklärung beinhalte.

Die künstliche Intelligenz werde überschätzt die meisten realen Probleme seien viel zu komplex und »lebendig«. Computer und Roboter könnten weder die Pflege regeln, noch Armut mildern. Dazu brauche es intelligentere soziale, humane Systeme.

Die Herausforderungen der Digitalisierung der Arbeitswelt, d. h. die Auseinandersetzung mit dem Begriff ‚Industrie 4.0‘ können, nach dieser These, nur über die systematische Auseinandersetzung und Entwicklung von Visionen und Werten geführt werden, die eine Orientierung bieten, wie mit dem sich abzeichnenden Verlust von Arbeitsplätzen umgegangen werden soll und neue Anforderungen und Qualifikationen für Arbeitende entwickelt werden können.

Teamentwicklung für Betriebsräte und die wirtschafts- und gesellschaftspolitische Diskussion in Gewerkschaften muss sich verstärkt mit der Wertediskussion, der Entwicklung von Visionen und Leitbildern beschäftigen, um Antworten auf die oben genannten Herausforderungen zu finden. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die Generationen X, Y und Z inzwischen eine post-digitalisierte Haltung einnehmen und eine Rückbesinnung auf authentische, analoge, d. h. menschliche und mitmenschliche Werte fordern. Das handgemalte Protestplakat ‚Skolstrejk för klimatet‘ einer jungen schwedischen Schülerin erhebt nicht weniger als die Existenz des Planeten zum zentralen Wert zukünftigen menschlichen Handelns…

Text: Axel Jansen

…, Babyboomer, X, Y, Z.

Personalakquise muss zur Generation passen

Personaldienstleister, Handwerksbetriebe und HR-Abteilungen suchen händeringend Auszubildende und Fachkräfte. Und andererseits klagen insbesondere jüngere Fachkräfte und potentielle Auszubildende über unpassende Angebote. 

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