Oper trifft prekären Stadtteil – Weltklasseorchester trifft Gesamtschulchor 

Ein spektakuläres Beispiel für Integration, Wertevermittlung und Stadtteilarbeit im Bremer Osten, bei dem ein international gefeiertes Philharmonieorchester nicht nur mit perfekter Klassik begeistert, sondern eine Schule und den ganzen Stadtteil verändert. 

„Das Potenzial, Leben zu verändern“

Albert Schmitt, Geschäftsführer der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen, über die achte Stadtteil-Oper

Herr Schmitt, in Kürze feiert die achte Stadtteil-Oper Premiere. Oper, das dürfte in den Ohren vieler elitär klingen, Stadtteil hingegen nach mittendrin. Passt das zusammen?
Albert Schmitt: Beides ist richtig – und uns ging es exakt darum: diesen Widerspruch aufzulösen. Die Idee entstand, als wir vor zwölf Jahren nach Osterholz-Tenever umgezogen sind; einen Stadtteil, in dem, so das allgemeine Vorurteil, nur wenige Bewohner etwas mit unserer Musik anfangen können. Wir wollten, dass die Menschen offen sind für das, was wir machen. Also haben wir uns gefragt, was wir für sie tun können. So entstand die Stadtteil-Oper: eine Oper, an der Kinder der Gesamtschule Bremen-Ost (GSO) mitwirken, genauso wie Personen aus dem ganzen Stadtteil. Weltklasse-Musiker und Laien stellen zusammen eine Aufführung auf die Beine.

Und das klappt?
Das klappt sogar außerordentlich gut. Anfangs hat das alles natürlich erst mal für viel Stirnrunzeln gesorgt. Klassische Musik gilt als Inbegriff des Bildungsbürgertums, Osterholz als Stadtteil mit sozialen Herausforderungen. Viele dachten, das geht nicht zusammen, das muss schiefgehen. Das Gegenteil war der Fall: Wir waren überwältigt davon, wie sehr alle Beteiligten profitieren.

Wie läuft die Zusammenarbeit ab?
Alle Impulse kommen von den Kindern. Für die diesjährige Aufführung haben sie sich gewünscht, das Thema Albträume zu thematisieren. Also haben wir als Orchester überlegt, wie sich das für die Bühne umsetzen lässt. Es wird eine Art Zirkus der Albträume geben, die Texte stammen dabei von den Kindern selbst, sogar die Libretti sind von ihnen. Beim offenen Atelier konnte außerdem jeder Stadtteilbewohner dabei helfen, Kostüme zu nähen und Bühnenbilder zu malen.

Wie sieht das dann auf der Bühne aus?
Die Streicher- und Bläsergruppe der Schule macht mit, auch die Big Band ist dabei. Wir werden impressionistische Stücke spielen, unter anderem von Maurice Ravel, Claude Debussy oder Francis Poulenc. Eine Dirigentin steht am Pult der Deutschen Kammerphilharmonie, die Schüler spielen teilweise gemeinsam mit dem Orchester.

Fotos: stadtteiloper-bremen.de/Interview: Weser-Kurier v. 25.9.19
Autor: Axel Jansen