Erfolgreiche Teamentwicklung am Südpol und auf dem Mars

Die Nasa will 2033 erstmals Raumfahrer auf die ungefähr 400 Millionen Kilometer lange Reise zum Mars schicken, berichtet Spiegel-Online am 18. Februar 2019. Eine der größten Herausforderungen sei dabei der Faktor Mensch. Denn für die Mission müssen die Astronauten mindestens drei Jahre lang, Tag und Nacht auf engstem Raum zusammenleben und -arbeiten. Damit das klappt, erforscht die Nasa nicht nur das Weltall, sondern auch die Psyche des Menschen – im Simulator.

Über zehn Jahre hat der Anthropologe Jeffrey Johnson von der University of Florida die Dynamik in kleinen Gruppen von 10 bis 28 Personen auf Forschungsstationen in der Antarktis untersucht und alte Dokumente von Südpolexpeditionen ausgewertet.
»Was in den Teams passiert, kennt jeder: Die Gruppe schreibt einigen Mitgliedern inoffiziell Rollen zu, einer ist der Anführer, einer Partykönig und einer der Clown«, erklärt Johnson. Seine Forschung zeigt: Wie diese inoffiziellen Ämter besetzt werden, entscheidet über den Erfolg der gesamten Gruppe.
Eine besonders große Rolle spielen dabei die Clowns, die Geschichtenerzähler und Komiker, berichtet Johnson. Das sei schon vor hundert Jahren entscheidend gewesen – Roald Amundsen, der erste Mann, der es je zum Südpol geschafft hat, wäre wohl nie angekommen, wenn er nicht seinen humorvollen Koch dabeigehabt hätte.
»Adolf Lindstrøm war ein robuster Typ, kindisch und unvoreingenommen, er hat viel gelacht und gut gekocht«, erklärt Johnson. »Jeder mochte ihn.« Wann immer es auf der Expedition ins ewige Eis ein Problem gab, Crewmitglieder stritten oder Amundsen die Geduld verlor, habe Lindstrøm die Spannungen auflösen und die Gruppe zum Weiterziehen bewegen können. »Er hat mehr zur norwegischen Polarexpedition beigetragen als jeder andere«, schrieb Amundsen 1911 in sein Tagebuch.
Am Beginn jeder Teamentwicklung steht immer eine fundierte Diagnose der Teamstruktur, seiner Mitglieder und wie sie miteinander kommunizieren und zusammenarbeiten. Dabei müssen harte und weiche Faktoren, formale und informelle Funktionen sowie bewusstes und unbewusstes Handeln analysiert werden. Erst aus dieser Analyse entwickeln sich die angemessene Maßnahmen und Werkzeuge zum Erreichen der jeweiligen Ziele.
Roald Amundsen und die NASA bestätigen die organisationspsychologischen Erkenntnisse, dass insbesondere die weichen Themen wie Teamklima, Führungsstil und Kommunikation zum Erfolg von Teams, Abteilungen und Organisationen beitragen. Die richtige Mischung der verschiedenen Rollen innerhalb einer Gruppe ist dafür die Basis. 
Dass Amundsen die Rolle seines Kochs bzw. »Clowns« – oder auch die »gute Seele« seines Teams – höher bewertet als seine eigene, lässt vermuten, dass er ein ausgezeichneter Leiter seines Teams und der Expedition war. Vielleicht ein Hinweis darauf, warum er früher am Südpol war, als sein Kontrahent Robert Scott…

Text: Axel Jansen
Fotos: Wikipedia.org