Nur 25 Prozent aller Mitglieder sind Fan ihres Verbandes. Am schlechtesten schneiden die Kirchen ab – diese haben sogar deutlich mehr Gegner zu verzeichnen als Fans! Als Gewinner gehen dagegen Umwelt und Naturschutzorganisationen, Automobilclubs und, in der Krise vielleicht überraschend, Sportvereine hervor.

Zu diesen Ergebnissen kommt die bundesweite Studie »Fanfocus Deutschland Verbände« des Mainzer Marktforschungs- und Beratungsunternehmens 2HMforum. und der ECOPLAN GmbH. Befragt wurden knapp 2.000 Mitglieder verschiedenster Organisationstypen in ganz Deutschland – u. a. Mitglieder von Parteien, Kirchen, Branchen-, Fach- und Arbeitgeberverbänden, Gewerkschaften, Berufsverbänden, Handwerksinnungen, Umweltschutz- und Verbraucherschutz-Organisationen. Schwerpunkt der wissenschaftlich fundierten Studie sind die Mitgliederzufriedenheit, die emotionale Mitgliederbindung sowie die Auswirkungen der Pandemie.

Verbände, die über eine große Fan-Gemeinde unter ihren Mitgliedern verfügen, haben es nicht nur in der Pandemie deutlich leichter. »Richtige Fans gibt es eben nicht nur im Sport oder in der Musik. Es gibt sie auch in Verbänden, Parteien, Gewerkschaften und anderen Mitgliedsorganisationen. Daher messen wir im Rahmen unseres wissenschaftlich fundierten Fan-Prinzips schon seit vielen Jahren die Fan-Quoten in Deutschlands Mitgliedsorganisationen«, erläutert Stefan Eser, ausgewiesener Experte für Emotionale Mitgliederbindung. Denn Fans seien eben nicht nur hochzufrieden mit ihrem Verband, sondern gleichzeitig diesem auch emotional sehr verbunden.

Diese Fan-Mitglieder sind – so auch die Erfahrungen aus über 300 erfolgreichen Forschungsprojekten mit zahlreichen Verbänden und anderen Mitgliedsorganisationen in mehr als 20 Jahren – besonders treu, bleiben auch in Krisenzeiten, engagieren sich häufiger ehrenamtlich und sind auch durchaus bereit, höhere Mitgliedsbeiträge zu zahlen. »Fans sind zudem die besten Weiterempfehler – und helfen somit im Vergleich zu sehr kostspieligen und häufig weniger erfolgreichen Mitglieder-Werbekampagnen sehr effizient bei der authentischen Gewinnung neuer Mitglieder, die ebenfalls dann dauerhaft bleiben und nicht wieder mit dem nächsten Beitragsbescheid ihre Mitgliedschaft kündigen«, so Eser.

Spitzenverbände der Wirtschaft erfüllen Mitgliedererwartungen offenbar nicht besonders gut

Die Spitze des Rankings – noch vor den Automobil-/Verkehrsclubs wie ADAC, AvD, ACE oder ADFC, den Vereinigungen mit ideellen Zielsetzungen wie Amnesty International oder Welthungerhilfe, und den Sportvereinen/-Verbänden des DOSB – führen die Umwelt- und Naturschutzorganisationen wie NABU, BUND, Greenpeace oder WWF deutlich an: Sie haben unter ihren Mitgliedern 38 Prozent Fans, also hochzufriedene und gleichzeitig emotional sehr verbundene Mitglieder. »Dies ist neben einer offensichtlich konsequenten und fokussierten Ausrichtung auf zentrale Mitgliederbedürfnisse sicherlich auch ein Ergebnis der Klimadebatte, die nach wie vor weltweit neben der Pandemie weit oben auf der politischen Agenda steht«, sagt Stefan Eser und ergänzt: »Und natürlich haben es hier Organisationen deutlich leichter, die eben für das besonders ‚Schöne‘, ‚Wahre‘ und ‚Gute‘ einstehen, wozu hier auch die Sozial- und Wohlfahrtsverbände mit 30 Prozent Fans gehören.«

Sorgen macht er sich um die sehr geringe Mitgliederbeziehungsqualität in den Handwerksinnungen und den Branchen-, Fach- und Arbeitgeberverbänden in Deutschland. »Wenn hier nur 15 bzw. 17 Prozent der Mitglieder hochzufrieden und gleichzeitig emotional sehr verbunden sind, ist das – gerade mit Blick auf die hohen Erwartungen an die großen Spitzenverbände der Deutschen Wirtschaft aus Handwerk, Dienstleistung und Produktion – ganz klar zu wenig«, befürchtet der langjährige Verbände-Experte. »Da es jedoch für ein ausgeglichenes Machtverhältnis zwischen den beiden Tarifparteien vielleicht sogar hilfreich ist, dass auch die Gewerkschaften lediglich auf nur 18 Prozent Fan-Mitglieder zählen können, stimmt mich dies im Sinne einer auch zukünftig friedlichen Regulierung der tarifpolitischen Arbeitswelt wiederum sehr optimistisch.«

Gelsen und aufgeschrieben von Michael Rasch