Achtung, Falle! Der Framing Effekt. »Nicht öffnen«, »nicht vergessen«, »nicht zuschicken«: Alles Aufforderungen, genau das zu tun. Wieso? Wir setzen hier ein Bild in den Kopf des Lesers – vor sein geistiges Auge. Denn: Nicht-Bilder gibt es nicht. Wie du dieses Phänomen für dich einsetzen kannst? Ganz einfach: Formuliere positiv. Wie das gelingt, zeigen wir euch.

Framing Effekt: Wenn das Gehirn ins Schwitzen kommt …

Denke nicht an einen blauen Elefanten. Nein! Nicht daran denken! Du merkst: Keine Chance. Deine Gedanken sind wahrscheinlich schon auf einer Zirkus-Safari und der blaue Elefant stampft durchs Gehirn. Warum? Ganz einfach: Weil unsere rechte Gehirnhälfte nur Bilder kennt. Nicht-Bilder gibt es nicht. Deshalb trampelt nun doch der blaue Elefant durch deinen Kopf. Auch in dem Text gibt es solche Bilder. Versteckt in Wendungen, Nebensätzen oder Terminankündigungen. Oft lösen sie bei dem Leser eine völlig andere Reaktion aus, als du eigentlich geplant hast.

Im Idealfall löst dein Text aber eine Zustimmungs-Kette aus. Der Leser nickt jede Aussage ab, ist überzeugt von seinen Vorteilen und reagiert. Er antwortet, bestellt oder unterschreibt. Doch was passiert, wenn das kleine Wörtchen »nein« diese Kette unterbricht? Dann kommt das Gehirn des Lesers ganz schön ins Schwitzen. Die »Ja-Straße« reißt ab. Irritation! Und das war’s dann im schlimmsten Fall mit dem Motivationstext.

Fakt ist: Werbetexte sind positiv formuliert. Denn: Doppelte Verneinungen wie »Ein Glas Rotwein am Abend ist nicht ungesund« oder Schachtelsätze wie »Dein Werbetext, der eigentlich schön knackig sein sollte, ist heute etwas länger, weil du, da es regnet, keine tollen Ideen hast« sind schwieriger zu verstehen, werden vom Gehirn langsamer verarbeitet. Und genau hier kommst du als Texter:in ins Spiel.

Wie du die richtigen Bilder hervorrufst …

Wichtig: Das Phänomen des blauen Elefanten hat Konsequenzen für deinen Text – und für die Realität. »Nimm keine Süßigkeiten aus dem Schrank« sagt die Mutter zu ihrem Kind. »Bitte nicht auf dem Geländer balancieren« verkündet das Schild an der Brücke. Was passiert: In dem Moment, in dem du diese Verbote hörst oder liest, erscheint in deinem Kopf das Bild der unerlaubten Handlung. Das Kopfkino wird aktiv. Und just ist die Lust da, Schokolade auf der Zunge verschmelzen zu lassen oder risikofreudig über das Geländer am Fluss zu stolzieren.

Für den Text bedeutet das: Mit Begriffen wie »keine Gefahr« oder »kein Risiko« generierst du automatisch Bilder von Gefahr und Risiko im Kopf deines Lesers. Wenn du das nicht willst, nimm eine andere Formulierung.

Ein paar Beispiele: 

… sicher, hundertprozentig, behütet, garantiert

Aus »kein Problem« wird »einfach«. Die Mutter sagt zu ihrem Kind: »Iss lieber einen Apfel. Das ist viel gesünder«. Und die Schilder an der Brücke verkünden nun: »Bitte auf den Wegen bleiben« und rufen so im Kopf des Kindes oder des Spaziergängers die gewollten Bilder hervor.

Framing Effekt: Kennzeichne negative Begriffe

Ein kleiner Auszug aus einem Brief zeigt ganz deutlich, wo für dich als Texter die Gefahr lauert.

… Die Lösung ist gar kein Problem. Stets bemühen wir uns, unseren Kunden jeden Wunsch von den Augen abzulesen. Also: Zögern Sie nicht, sondern bestellen Sie ohne weitere Verpflichtungen. Heute können Sie aus unterschiedlichen Möglichkeiten völlig ohne Risiko auswählen. Und falls Sie Bedenken haben: Wenn Sie sich nicht gleich entscheiden können, passiert überhaupt gar nichts. …

Eigentlich ein positiver Brief. Du bemühst dich um deinen Leser, liest ihm jeden Wunsch von den Augen ab, lässt ihn frei auswählen und als Bonus versicherst du ihm noch, dass es keine Konsequenzen hat, wenn er sich nicht gleich entscheidet. Super! Aber nur auf den ersten Blick.

Denn: Welche Bilder im Kopf des Lesers entstehen, sind ganz andere. Im Gehirn bleiben die Wörter Problem, zögern, Verpflichtungen, Risiko, Bedenken und passiert hängen. Und dein Leser will nur noch flüchten. Bloß schnell den Brief weglegen. Und: Auf keinen Fall antworten.

Framing Effekt richtig nutzen: Schreib positiv

Erinnerst du dich noch einmal an den Anfang. Da stand: Formuliere positiv. Das heißt: Wandele die negativen Bilder um und platziere positive Assoziationen im Kopf des Lesers. Wie? Das ist ganz einfach. Ein typisches Beispiel aus Werbetexten ist der Satz: »Sie werden es nicht bereuen«. Eine Formulierung, die gleich durch zwei Wörter negative Assoziationen auslöst. Nämlich: »nicht« und »bereuen«. Ersetze den Satz doch einfach durch: »Sie werden begeistert sein«. Eine durch und durch positive Formulierung. Deinen Leser wird’s freuen!

Hier noch ein paar weitere Beispiele:
»Hier gibt es gar keine Gefahr …« wird zu »Hier ist alles sicher …«
»Zögern Sie nicht …« wird zu »Nutzen Sie jetzt diese Chance …«
»Dieser Stoff kratzt nicht …« wird zu »Dieser Stoff ist kuschelweich …«
»Haben Sie keine Angst …« wird zu »Vertrauen Sie uns …«

Bleib authentisch

Nicht jede Verneinung ist schlecht. Wichtig: Hab deine Zielgruppe stets im Hinterkopf. Denn die entscheidet, wo die Bilder-Reise in ihrem Text hingeht. Texte für eine Lebensversicherung, bleibt die Wendung »kein Risiko« natürlich in deinem Text.

Denn manchmal brauchst du auch das Negative, um authentisch zu bleiben. Wenn dein Leser bei einer Geldanlage »Risiko« denkt, wäre ein »alles sicher« falsch. Denn: Es würde ihn nicht abholen.

Ein Wort zum Schluss …

Natürlich ist unser Gehirn auch lernfähig. Wörter wie kostenlos, unfallfrei oder gebührenfrei sind längst unter der Rubrik »gut« in unserem Kopf abgespeichert. Denn: Obwohl Kosten, Unfall und Gebühren stark negativ besetzt sind, hat unser Gehirn gelernt, sie als positiv wahrzunehmen. Sind sie einmal als positiv abgespeichert, lösen sie beim Kopfkino keine negativen Filme aus. Das ist der typische Lerneffekt. Unterscheide bei deinem Werbetext also zwischen Wörtern, die unter den Lerneffekt fallen und Wörtern, die Kopfkino auslösen.

Gefunden von Michael Rasch
aus: https://www.texterclub.de/framing-effekt/