Kategorie: Gesellschaft (Seite 2 von 5)

Deutschland im Umbruch. SINUS-Institut stellt aktuelles Gesellschaftsmodell vor: Die Sinus-Milieus® 2021  

Die Sinus-Milieus fassen Menschen mit ähnlichen Werten und einer vergleichbaren sozialen Lage zu »Gruppen Gleichgesinnter« zusammen. Die Sinus-Milieus verdeutlichen, was die verschiedenen Lebenswelten in unserer Gesellschaft bewegt (Werte, Lebensziele, Lifestyles) – und wie sie bewegt werden können (Mediennutzung, Kommunikationspräferenzen, Bildungsprogramme).

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Wie viel Arbeit ist gesund?

Vier-Tage-Woche in Skandinavien und Groß-Britannien

Berichte über kürzere Arbeitszeiten haben meistens ihren Ursprung in Skandinavien. Nun entdeckt offenbar auch Großbritannien das Thema. Gesunde Mitarbeiter rechnen sich, stellt eine britische Firma fest – und lässt sie bei vollem Lohn nun dauerhaft kürzertreten.

Worüber sich die Mitarbeiter bei Belmont Packaging sowie der E-Commerce-Schwester Boxed-Up diese Woche in Großbritannien freuen, ist der Traum vieler Beschäftigter: Weniger Arbeit – bei vollem Lohnausgleich – und mehr Zeit für sich. Genau das haben die gut 30 Angestellten des Spezialisten für Verpackungslösungen aus Wellpappe nach einem Modellversuch nun dauerhaft für sich erreicht. Seit dem 20. September gibt es für sie nur noch die Vier-Tage-Arbeitswoche.

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Und was ist mit der Ethik?

Unternehmen und Betriebsräte sehen sich zunehmend mit der »Wertedebatte« und der Nachhaltigkeitsdiskussion konfrontiert

In unseren Workshops mit Betriebsräten besteht der letzte Teil des Fragenkatalogs zur Teamanalyse aus dem oben genannten Themenbereich. Dort fragen wir unter anderem nach »Visionen, Ziele, Strategien«.

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Eigenlob und Schulterklopfmaschine

Peter Weber (parteilos), Gemeindepräsident von Mettauertal, steht in der
zur »Schulterklopfmaschine« umgebauten Telefonzelle. Foto: Philipp von Ditfurth/dpa

Eigenlob stimmt – fällt aber vielen Betriebsräten sehr schwer. Ich komme gerade zurück von einer Fachtagung für Betriebsratsvorsitzende und habe dort in Workshops über Eigenlob referiert. Selbst jetzt – unmittelbar vor den Betriebsratswahlen – fällt es Betriebsräten nicht leicht Bilanz zu ziehen und ihre vielen tollen Erfolge zu feiern . 

Da stolpere ich über eine geniale »Schulterklopfmaschine« mitten in der tiefsten Schweizer Provinz. Wer sich nach Anerkennung sehnt, kann in die Schweiz fahren, sich in eine ehemalige Telefonzelle stellen und dort automatisches Lob abholen…

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Das Occupy-Erbe: »Systemfrage wird von ‚Fridays for Future‘ nicht gestellt«

Der Protest- und Bewegungsforscher Dieter Rucht zum Erbe von Occupy und was Soziale Bewegungen ausmacht.

Herr Rucht, haben Sie in letzter Zeit mal an die Protestbewegung Occupy gedacht?
Immer wenn ich ein Beispiel dafür suche, dass Bewegungen sehr schnell aufsteigen und absteigen können.

Die Missstände, die Occupy angeprangert hat, haben sich ja keineswegs erledigt. Warum hat die Bewegung dennoch nicht überlebt?
Erstens wollte Occupy keine Sprecher oder Repräsentanten. Die Bewegung hat sich jeglicher Form von Organisation widersetzt. Zweitens blieb Occupy mit seiner Protestform der Platzbesetzung exklusiv, denn Familien mit Kindern können es sich ja nicht leisten, wochenlang in einem Camp zu leben. Drittens brachten die Camps Probleme mit sich, weil sich auch Leute dort festsetzten, die gar nichts mit den Protesten zu tun hatten. Und viertens standen die Camps immer unter dem Damoklesschwert der Räumung, was für eine angespannte Stimmung sorgte.

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So beeinflusst Sprache die Beliebtheit von Podcasts

Entscheidend für den Erfolg eines Podcasts ist nicht nur, was, sondern auch wie gesprochen wird. Das stellt eine Spotify-Studie fest, die den Zusammenhang von Sprache und Beliebtheit untersucht.

Ob ein Podcast erfolgreich ist, hängt auch von seinen sprachlichen Merkmalen ab.

Ob Wortschatz, Unterscheidbarkeit, Emotionen oder Satzbau – die Sprache eines Podcasts leistet einen viel größeren Beitrag zu dessen Beliebtheit, als man gemeinhin denkt. Eine aktuelle Studie von Spotify wollte nun herausfinden, wie stark die verschiedenen Faktoren des Sprachgebrauchs mit der Hörerbindung eines Podcasts zusammenhängen und hat Tausende englischsprachige Episoden daraufhin analysiert. Dabei kam heraus: Viele der gängigen Ratschläge zum Sprachgebrauch werden durch die Daten zwar bestätigt. Einige Ergebnisse fallen aber auch ziemlich überraschend aus.

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Faktenchecks laufen ins Leere

Titel der Studie Otto Brenner Stiftung – Die Studie kann auf der Internetseite der Otto Brenner Stiftung abgerufen werden.

»In Facebook-Konversationen der AfD laufen Faktenchecks meist ins Leere, die Verbreitung von Fake News lässt sich dort so kaum verhindern.« Zu diesem Ergebnis kommen die Wissenschaftler Hannah Trautmann und Nils Kumkar in einer Studie für die Otto-Brenner-Stiftung.

»Bei dem Corona-Virus handelt es sich nur um einen harmlosen Schnupfen«. »Die Antifa wird von der Regierung monatlich mit einem festen Betrag zu unterstützt.« »In Deutschland wurde mit Corona die Pressefreiheit abgeschafft.« »Alternative Fakten« – Wo und warum werden solche Falschinformationen geteilt? Welchen Zweck erfüllen sie in »Gesprächen« auf Social Media, wel­chen Sinn macht das »Teilen« für die Gesprächsteilnehmer*innen. 

Das Team der Universität Bremen wertete zahlreiche Konversa­tionen auf den Facebook-­Seiten der AfD qualitativ aus – und kommt zu bemerkens­werten Ergebnissen. 

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Plakatrhetorik und Klischees

Das abgebildete Plakat ist aus der Kampagne gegen das Frauenwahlrecht 1946. An Volksabstimmungen in der Schweiz durften bis 1971 nur Männer teilnehmen.

In Bremen verpasst und in Vilnius (Museum of applied arts and design) wieder entdeckt: »Votes & Voices« die Ausstellung des Museum für Gestaltung Zürich. Die Ausstellung ist seit 2016 weltweit auf Reisen und zeigt Schweizer Kampagnenposter von 1918 bis heute. Sie präsentiert visuelle Argumentationsstrategien und eine bildliche Rhetorik, die von 1918 bis heute Schweizer Plakate geprägt haben. Klischees, undifferenzierte Vereinfachungen, ein Repertoire an drastischen Motiven und eingängigen Parolen entsprechen den Gesetzen des Mediums, dessen Ziel die direkte Massenmanipulation ist. Die Plakate gegen die Aufnahme des Frauenstimmrechts in die Verfassung sind besonders verstörend.

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Soziale Ungleichheit ≈ Soziale Ungleichheit

Was überhaupt unter sozialer Ungleichheit zu verstehen ist, ist umkämpft. Umso wichtiger ist es, die eigenen Ansichten aktiv zu vertreten. Denn nur so wird Politik möglich.

Es gibt keine Gleichheit. Kein _Ei gleicht dem anderen_, Gleichheit ist ein gedankliches Konstrukt, ein Kategorisieren ähnlicher Dinge als »gleich« und nicht ähnlicher Dinge als »ungleich«. Und so gleicht auch kein Mensch dem anderen. Eine Politik, die anstrebt, Menschen einander gleich zu machen, ist nicht nur übergriffig, sie ist auch zum Scheitern verurteilt, wie uns die Geschichte lehrt.

Es gibt also keine Gleichheit. Was es aber gibt, ist das Gleich-behandelt-Werden, das Gleichermaßen-gut-behandelt-Werden. Hier hat die Politik ihren Auftrag. Hier scheiden sich die ideologischen Geister. Zum Beispiel, wenn es darum geht, das Problem der _sozialen Ungleichheit_ zu fassen – ihre Ursachen und moralischen Handlungsaufträge zu definieren.

Soziale Ungleichheit an und für sich hat nämlich keinerlei (politische) Bedeutung! Zwar ist sie ein Fakt – Menschen agieren unter ungleichen sozialen und ökonomischen Bedingungen, haben ungleiche Einkommen, Wohn- und Lebensräume, Bildungs- und Gesundheitschancen. Jedoch: Fakten an und für sich sind für unser kognitives System ohne jede Bedeutung. Sie erhalten ihren Sinn immer erst durch Frames, also »gedankliche Deutungsrahmen«. Das ist eine der zentralen Erkenntnisse moderner Kognitionsforschung. Frames sind neuronal im Gehirn verankert, speisen sich aus unserer Welterfahrung, werden über Sprache aktiviert und wirken sich unmittelbar auf unser politisches Handeln aus, indem sie Fakten einen Sinn zuschreiben.

Was ist die richtige, was die falsche Antwort?

Nun, in der Politik erzählen Frames _immer_ von einer moralischen Weltsicht. Denn hier lautet die Frage: Was ist angesichts der Faktenlage – wie etwa derjenigen sozialer Ungleichheit – die _richtige_ und was die _falsche_ Antwort?

Darauf gibt es in der Regel zwei Antworten. Denn in allen Gesellschaften gibt es grob skizziert immer zwei politische Weltsichten: die progressive, also die eher linkspolitische, und die konservative, also die eher rechtspolitische, Weltsicht. Wer ideologisch in der Mitte sitzt, dessen Moralmodell ist eine Kombination aus beiden, wie zahlreiche Studien zeigen. Wie sehen sie also aus, die zwei Geschichten von _richtig_ und _falsch_ angesichts der faktischen sozialen Ungleichheit in Europa und der Welt? Was bedeutet es für einen progressiven, was für einen konservativen Menschen, seine Mitmenschen _gleich_ und _gleichermaßen gut_ zu behandeln?

Stellen Sie sich eine Familie vor mit zwei Kindern, beide völlig verschieden. Jedes mit seinen eigenen Stärken und Schwächen, Herausforderungen, Ängsten und Hoffnungen. Was bedeutet es für Sie als Eltern, diese Kinder _gleich_ zu behandeln?

Eine mögliche Antwort lautet: Die Kinder _gleich_ und _gleichermaßen gut_ zu behandeln, bedeutet, jedem Kind das zu geben, was es braucht, es seiner individuellen Eigenschaften und Bedürfnisse entsprechend zu schützen und zu befähigen. Jeder bekommt, was er braucht! Wer nach dieser Wertvorstellung seine Kinder erzieht und über Politik denkt, der fällt in der modernen Ideologieforschung in das »fürsorgliche« Ideologiemodell, das auch progressiver Politik zugrunde liegt. Angewandt auf _soziale Gleichheit_ bedeutet dieses Wertebild: Jeder Bürger soll gleichermaßen geschützt und befähigt sein, frei von Not seinen individuellen Lebensweg zu gehen. Das bedeutet, dass jeder entsprechend seiner individuellen Attribute geschützt und befähigt werden muss, sei es über gute, gemeinschaftlich finanzierte Bildung, ein offenes und humanes Gesundheitswesen oder das Verbot ausbeuterischer Arbeitsverhältnisse.

Eine andere mögliche Antwort auf die oben skizzierte Frage – wie gehe ich mit Kindern um, die sich nicht gleichen – lautet: Die Kinder _gleich_ und _gleichermaßen gut_ zu behandeln, heißt, jedem Kind genau dasselbe zu geben unabhängig von seinen individuellen Eigenschaften und Bedürfnissen. Darüber hinausgehende Dinge, die sie brauchen oder wünschen, sollen sie sich selbst verdienen. Jeder ist gleichermaßen frei, für sich selbst zu sorgen und sowohl zu bekommen als auch zu behalten, was er sich verdient! Wer nach dieser Wertvorstellung über Kindererziehung denkt und politisch agiert, der fällt in der modernen Ideologieforschung in das »strenge« Ideologiemodell, das auch konservativer Politik zugrunde liegt. Angewandt auf _soziale Gleichheit_ bedeutet dieses Wertebild: Jeder Bürger soll gleichermaßen frei sein, sich im Wettbewerb zu behaupten und so für sich zu sorgen – und zwar ohne Eingriff des Staats etwa über Regulierungen, Umverteilung oder Millionärssteuer, denn solche Form der Politik würde eine Ungleichbehandlung bedeuten: Menschen sind dann nicht mehr gleichermaßen frei, für sich selbst zu sorgen, und die Bürger werden auch nicht gleich gut behandelt. Menschen, die es sich nicht verdient haben, bekämen Extras, und das System des offenen Wettbewerbs, der die Selbstdisziplin und Eigenständigkeit der Bürger fördert, geriete ins Wanken.

Die progressive und konservative Wertvorstellung über einen _gleichen_ und _gleichermaßen guten_ Umgang mit Menschen füllen also das Konzept der _Gleichheit_ unterschiedlich aus.

Und das liegt nicht zuletzt an der Tatsache, dass sie zwei gegensätzliche Vorstellungen von den Ursachen sozialer Ungleichheit haben. Das progressive Weltbild umfasst die Idee _systemischer Kausalität_: Gegebenheiten sind immer das Produkt vieler, voneinander abhängender und sich gegenseitig beeinflussender Ursachen. Auf die soziale Ungleichheit übertragen bedeutet das zum Beispiel: Wer aus einer sozial benachteiligten Familie stammt, sowohl Frau als auch Migrantin mit mangelnden Deutschkenntnissen ist, ist gefährdet, in Armut zu leben. Das konservative Weltbild umfasst die Idee _direkter Kausalität_: Dinge haben einen einfach nachvollziehbaren Grund. Auf die soziale Ungleichheit übertragen bedeutet das zum Beispiel: Wer arm ist, der ist faul und muss härter arbeiten.

Soziale Ungleichheit hat keine universelle Bedeutung

Der Begriff _Soziale Ungleichheit_ im politischen Sinne – die Frage nach ihren Ursachen und Lösungen – hat also keine universelle Semantik. _Soziale Ungleichheit_ ist ein Contested Concept. So nennen wir in der Kognitionswissenschaft Ideen, deren Bedeutung »im Kern strittig« sind. Contested Concepts haben nur ein minimales Bedeutungsskelett, an dem sich unser Denken orientiert. Darüber hinaus gibt es keine universelle Bedeutung, wir staffieren die Idee über Frames, die unserer moralischen Weltsicht entsprechen, aus. Wer es nun in der Gesellschaftsdebatte versäumt, das Problem _sozialer Ungleichheit_ gemäß seiner Wertvorstellung auszufüllen, kreiert ein massives Problem für seine politischen Anliegen – und zwar langfristig!

Denn über den Mangel entsprechender sprachlicher Frames baut er die eigenen Vorstellungen von _richtigem_ und _falschem_ Miteinander, von _guter_ und _schlechter_ Politik gedanklich – und damit in letzter Konsequenz gesellschaftlich und politisch – ab. Einfach ausgedrückt: Was nicht gesagt wird, das wird auch nicht gedacht. Und was nicht gedacht wird, das wird nicht getan. Dieses Phänomen, in der kognitiven Forschung Hypokognition genannt, stellt derzeit eine der dringlichsten Herausforderungen an die europäische Politik dar.

Text von Elisabeth Wehling
Gelesen von Michael Rasch

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