oder das organisationspsychologische Desaster…
Unabhängig von der politischen Einschätzung, fällt die organisationspsychologische Bewertung der Ära Donald Trump verheerend aus. Ob es nun Kalkül oder Unfähigkeit war, spielt, vor der dissozialen und psychopathischen Persönlichkeitsstörung des scheidenden amerikanischen Präsidenten, nur eine nachgeordnete Rolle – vermutlich war es beides.
Wenn man die USA als Organisation betrachtet und die vergangenen vier Jahre analysiert, kommt man aus organisationspsychologischer Perspektive zur Erkenntnis, dass der Leiter bzw. CEO grundsätzliche Fehler bei der Entwicklung »seiner« Organisation gemacht hat. Von »America first«kann keine Rede sein.
So hat er zunächst bei der Besetzung relevanter Führungspositionen in der Verwaltung und den Ministerien Personen eingesetzt, die offensichtlich mit der Erfüllung ihrer Aufgaben überfordert gewesen sind bzw. die die vorgegebenen Ziele nicht erfüllen konnten – ein überdurchschnittlicher und wiederholter Personalwechsel in der Leitungsstruktur belegen dies. Darüber hinaus hat er Verwaltungsbereiche und Strukturen in den Ministerien dadurch behindert und zum Teil zerstört, indem er deren finanzielle Ressourcen radikal beschnitten hat, ohne die Konsequenzen ausreichend zu reflektieren. Und schließlich war zu keinem Zeitpunkt von außen zu erkennen, dass es innerhalb der Regierung und der Verwaltung ein einheitliches Verständnis des Teams und der Leitung gegeben hat.
Im Bereich der Arbeitsprozesse ist ein Beispiel für das Versagen der Organisation und der Leitung, der Umgang mit der Corona-Pandemie, die gesundheitspolitisch im Weltvergleich katastrophale Ergebnisse produziert hat – vor dem Hintergrund einer der entwickeltesten Industrienationen dieser Erde. Zudem ignorierte der CEO systematisch die Kritik der Shareholder und Stakeholder der Organisation USA, ganz zu schweigen von der seiner eigenen Experten.
Das Thema Führung und Leitungsinstrumente führt zu einem ähnlich desaströsen Ergebnis, was sich nur durch den oben genannten psychopathologischen Befund des Führers der Organisation erklären lässt. Wesentliche Leitungsinstrumente wie Zielsetzung, Planung, Koordination, Steuerung, Strategieentwicklung und Controlling wurden nicht eingesetzt bzw. sinnvolle Maßnahmen von Verantwortlichen und beauftragten Ministerien intuitiv von ihm per Twitter konterkariert. Der Führungsstil war getragen von einem autoritären Verhalten, bei dem alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in ständiger Angst vor Zurechtweisung, Zurückweisung oder Entlassung standen. Dies bestätigen die Aussagen und Berichte von gefeuerten Verantwortlichen und Beratern – die es in einer Anzahl gibt, wie in keiner Präsidentschaft der Vereinigten Staaten zuvor.
Bezüglich der Themen Kommunikation und Zusammenarbeit fällt das Urteil aus organisationspsychologischer Sicht ebenfalls mangelhaft bis ungenügend aus. Die Kommunikation basierte nicht auf einer funktionierenden Struktur innerhalb der Organisation, sondern war getragen von den regelmäßigen Twitter-Informationen, die der Leiter der Organisation intuitiv, unabgesprochen und zu jeder Tages- und Nachtzeit in die ganze Welt verbreitete.
Und wenn man für ein internationales Unternehmen wie die USA Visionen, Ziele und Strategien entwickeln will, ist es von zentraler Bedeutung, dass diese im Führungszirkel und dem mittleren Management diskutiert und beschrieben werden und darüber ein Konsens hergestellt wird. Chancen, Gelegenheiten, Wachstums- und Entwicklungsmöglichkeiten wurden nicht mit nationaler und internationaler Expertise entwickelt, sondern entsprangen in der Regel den egomanischen Vorstellungen und narzisstischen Interessen des Vorsitzenden der Organisation. Deshalb bestand für ihn auch keine Notwendigkeit, sich Gedanken über bedrohliche und ungünstige Entwicklung für die Organisation zu machen. Das Ziel »America first«wurde vom Chief Executive Officer lediglich mit einer Strategie der ständigen Konfrontation und Unberechenbarkeit verfolgt.
Dass die Aktionärsversammlung der USA Donald Trump am 3. November 2020 das Vertrauen entzogen hat, weil sie seinem neuen Motto »keep America great!« nicht geglaubt haben, kann organisationspsychologisch nachvollzogen werden – und ist für die USA und die ganze Welt ein Segen bzw. eine neue Chance …