Eigenlob stimmt – fällt aber vielen Betriebsräten sehr schwer. Ich komme gerade zurück von einer Fachtagung für Betriebsratsvorsitzende und habe dort in Workshops über Eigenlob referiert. Selbst jetzt – unmittelbar vor den Betriebsratswahlen – fällt es Betriebsräten nicht leicht Bilanz zu ziehen und ihre vielen tollen Erfolge zu feiern .
Da stolpere ich über eine geniale »Schulterklopfmaschine« mitten in der tiefsten Schweizer Provinz. Wer sich nach Anerkennung sehnt, kann in die Schweiz fahren, sich in eine ehemalige Telefonzelle stellen und dort automatisches Lob abholen…
Kein Mensch sagt mal »Gut gemacht«? Niemand sieht, wie toll man sich wieder einmal verhalten hat? Wer das Gefühl hat, zu wenig Anerkennung zu bekommen, der könnte einmal eine Reise nach Mettauertal in der Schweiz ins Auge fassen.
Dort, in der beschaulichen Gemeinde ganz nah an der deutschen Grenze, steht nämlich der weltweit wohl einzige Schulterklopfautomat. Die Idee dazu hatte Gemeindepräsident Peter Weber. »Es wird viel zu wenig gelobt«, sagt Weber nach der Vorführung der Maschine. »Die Menschen kritisieren gern, aber wie selten lobt man?«
Das Gerät kommt unauffällig daher, ist versteckt in einer ehemaligen Telefonzelle. Wer sich eine mechanische Apparatur vorgestellt hat – etwa mit einem Arm, der immer wieder tätschelnd herabfährt –, der wird enttäuscht.
Dort, wo früher mal das Telefon hing, findet sich nun ein Touchscreen. Darauf können Lobeshungrige eingeben, wofür sie denn nun Anerkennung verdient haben. Doch auch Selbstkritiker, denen erstmal nichts einfällt, haben eine Chance: Sie können aus einer langen Liste ihre persönliche gute Tat auswählen, etwa: »Ich habe für jemanden aus meiner Firma eine Schicht übernommen«.
Danach bietet der Automat an, ein Foto des Wohltäters zu schießen, mit der Option, dieses gleich auf Facebook zu posten. Es folgt ein Feld zum Eingeben der E-Mail-Adresse. Und dann kommt es endlich, das Lob: in Form eines Videos von Menschen, die zu Volksmusik und im Zeitraffer jubeln, tröten, Luftschlangen durch die Gegend pusten und applaudieren.
Auch Astrid Schütz, Professorin für Persönlichkeitspsychologie an der Universität Bamberg, sieht in Feedback eine essenzielle Bedeutung für das Wohlbefinden. »Es ist ganz wichtig für Menschen, eingebunden zu sein und Anerkennung zu bekommen«, sagt sie.
Der Schulterklopfautomat könne zwar nicht besonders spezifisch loben. Er ist aber trotzdem eine gute Idee, meint die Wissenschaftlerin. Da sei einmal das Jubelvideo, das positive Assoziationen wecke – ähnlich wie bei Lernapps, in denen Erfolge mit Fanfaren oder Ähnlichem belohnt würden. Daneben gebe es den Öffentlichkeitsaspekt, weil das Selfie in den sozialen Netzwerken gepostet werden könne. »Wenn wir etwas öffentlich tun, dann wird es fester in unserer Selbstwahrnehmung verankert«, sagt Schütz. Und nicht zuletzt bekämen Nutzer der Maschine ja auch ein kleines Präsent als ganz greifbare Anerkennung.
Lob hält zusammen, sorgt für Anerkennung, motiviert enorm und macht glücklich. Und die »Schulterklopfmaschiene« hilft allen, die Eigenlob erst noch lernen müssen. Auf ins Mettauertal!
Text: dpa-infocom, Weserkurier 13. November 2021
Gelesen und zusammengestellt von: Martin Rzeppa
Foto: Philipp von Ditfurth/dpa